Als TeilnehmerInnen an dem von der autonomen Region Trentino-Südtirol organisierten Projekt „Der Weg nach Europa" hatten sich die Jugendlichen seit Schulbeginn intensiv mit den Themen Migration und Integration beschäftigt. Nun sollte auf die theoretische Auseinandersetzung die direkte Begegnung mit Menschen aus aller Welt folgen. Dafür bot das HdS die ideale Möglichkeit.
Im Gegensatz zu den widrigen Witterungsbedingungen machte sich unter den Schülern Heiterkeit und gute Laune breit. Nach einem zwanzigminütigen Fußmarsch erreichten wir das auf einer Anhöhe gelegene Gebäude, in dem zur Zeit ungefähr 50 Menschen eine Bleibe gefunden haben. Mit viel Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit wurden wir von der Hausleitung, Herrn Karl Leiter und Herrn Alex Nitz, und mehreren Hausbewohnern empfangen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde machten sich Besucher und Besuchte zusammen Gedanken über den Begriff „Heimat" und dessen Bedeutung für jeden persönlich. Dabei nahmen wir an der diesjährigen Spendenaktion „Heimat/Casa" des HdS teil. Diese ermöglicht dem Haus pro gesammelten Beitrag eine Spende von 2€. Auch auf Facebook kann man an der Aktion teilnehmen, indem man einfach einen Beitrag zum Begriff „Heimat/Casa" auf der Seite des HdS (https://www.facebook.com/HdS.bz.it?ref=stream) postet.
Durch interessante Tätigkeiten und die Einteilung in kleine Gruppen sollte die Kontaktaufnahme zwischen Hausbewohnern und Schülern erleichtert und die Konversation gefördert werden. Neben Aktivitäten wie Schwimmen, Calcetto - Turnier, Spaziergang und gemeinsamem Kochen wurde eine Diskussionsrunde geführt. Die Köche schürten den Ofen, die Calcetto -Stangen wurden geschmiert, die Schwimmer packten ihre Badehose ein, den DiskussionsteilnehmerInnen brannten die Themen unter den Fingernägeln und die Spaziergeher schnürten die Senkel.
Schon nach wenigen Schritten und kurzen neugierigen Blicken entwickelte sich bei den Spaziergängern ein Gespräch, das sich trotz kultureller und sprachlicher Barrieren in eine interessante Richtung bewegte. Musa, ein junger Mann aus dem westafrikanischen Land Niger, weckte durch seine typisch afrikanische Herzlichkeit das Interesse der Begleiter. Mit 12 Jahren musste Musa seine Mutter und Geschwister zurücklassen, flüchtete alleine zu Fuß aus dem Niger durch die Wüste nach Libyen und ging dort verschiedenen Tätigkeiten nach. Nach dem Ausbruch des Arabischen Frühlings flüchtete er über das Mittelmeer nach Europa. Wie die meisten Flüchtlinge strandete er auf der Insel Lampedusa, kam von dort nach Neapel, anschließend nach Meran und schließlich nach Brixen, wo er im HdS eine sichere Bleibe gefunden hat. Im Haus beschäftigt er sich mit anfallender Handwerksarbeit, besonders liegt ihm die Arbeit mit Holz. Mit sichtlichem Stolz zeigte er uns sein Reich, eine kleine Werkstatt auf dem Dachboden seines neuen Zuhauses. Sein Traum ist es nun, eine Anstellung als Tischler in Südtirol zu finden.
Musa ist kein Einzelschicksal. Immer mehr Menschen müssen aus verschiedenen Gründen ihre Heimat verlassen und versuchen sich in Europa eine neue Existenz aufzubauen. Aber auch immer mehr SüdtirolerInnen kämen in unserer Gesellschaft unter die Räder und würden an die Tür des HdS klopfen und um Aufnahme bitten, da sie kein Dach mehr über dem Kopf haben, berichtete uns Herr Karl Leiter. Einer davon ist Herr Pizzinini. Lange Zeit seines Lebens sei er als „Zigeuner" in der Welt herumgereist und jetzt, im fortgeschrittenen Alter, ist das HdS zum Inbegriff für seine persönliche Vorstellung von Heimat geworden. Tiefe Betroffenheit machte sich unter den Zuhörern breit, wenn seine Ausführungen von bitteren Tränen begleitet wurden.
Keine Traurigkeit gab es hingegen im Aquarena in Brixen. Die zwei Buben aus Afghanistan und die zwei Geschwister aus dem Kongo genossen sichtlich ihren allerersten Besuch in einem Schwimmbad. Sie wissen noch nicht, mit welchen Problemen Flüchtlinge in Europa konfrontiert werden.
Gegen 17:00 Uhr trafen alle Gruppen wieder langsam im HdS ein.
Sie setzten sich zusammen und tauschten sich über die neuen Erfahrungen aus. Der Duft der Lasagne stieg ihnen schon in die Nase. So versammelten sich alle in einem großen Raum, der bereits für das Abendessen dekoriert und vorbereitet worden war. Alle stürzten sich auf die selbstgemachte Lasagne und verschlangen diese genussvoll.
Als kleines Zeichen der neugewonnen Freundschaften und als Abschiedsgeschenk bekamen wir alle von einem afghanischen Mädchen ein Freundschaftsband.
Diese Freundschaftsbänder und die Fotos sind jedoch nicht die einzigen schönen Erinnerungen, die uns bleiben werden: Mit vielen neuen Erfahrungen und Eindrücken fuhren wir SchülerInnen wieder nach Hause.
Wir bedanken uns recht herzlich bei den Mitarbeitern des HdS, dass sie uns die Möglichkeit gaben, einen so abwechslungsreichen und aufschlussreichen Nachmittag mit den Bewohnern des Hauses der Solidarität verbringen zu dürfen.
Von Lisa Ferrarese, Manuel Mairhofer, Marion Niedermair, Gabriel Lerchner, Nadine Leiter